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Andere Länder, schönere Sitten: Miranda

Von 8. April 2018Oktober 16th, 2018Blog

Durch Zufall stieß ich vor einigen Tagen im TV auf einen Beitrag, in dem hiesige Polizeibeamte Handysünder kontrollierten. Sympathische Beamte, den Dialekt mag ich sowieso, eines aber fiel mir auf, weil es in der ansonsten realistischen Sendung doch allzu einstudiert wirkte: Die fast schulmäßige Belehrung der Autofahrer durch die Polizisten über ihre Rechte. Schon mal in der Praxis erlebt? Ich selbst bei einer Verkehrskontrolle noch nie. Schade eigentlich.

In den USA werden Verstöße gegen die Belehrungspflichten ernster genommen, was uns Strafverteidiger manchmal neidisch über den Teich blicken lässt. Die Rechtsentwicklung dort geht vor allem auf ein Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs (Supreme Court) aus dem Jahr 1966 zurück, in dem das Gericht Grundregeln für die Belehrung von Festgenommenen durch die Polizei aufstellte. Die Regeln sind bis heute gültig. Da der Beschuldigte in dem zugrunde liegenden Strafverfahren mit Nachnamen Miranda hieß, werden die Belehrungsregeln heute als „Miranda-Warning“ bezeichnet.

„Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gehen sie verwendet werden. Sie haben das Recht auf Hinzuziehung eines Anwalts. Wenn Sie sich keinen Anwalt leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Haben Sie diese Belehrung verstanden? Möchten Sie in dem Bewusstsein Ihrer Rechte mit mir sprechen?“

Verstöße gegen die Belehrungspflichten führen grundsätzlich zur Unverwertbarkeit der Aussage des Beschuldigten.

Ich könnte an dieser Stelle viel darüber schreiben, wie es um die Belehrungspflichten hierzulande und um die Folgen von Belehrungsverstößen bestellt ist. Stattdessen will ich nur einen Aspekt herausgreifen: Die am Ende der Miranda-Warnung stehende Frage, ob der Beschuldigte die Belehrung verstanden hat. Sie ist hierzulande weder vorgeschrieben noch wird sie praktiziert, obwohl sie sich umso mehr aufdrängt, je komplizierter die konkret vorzunehmende Belehrung ist.

Warum hier so vieles im Argen liegt, ist klar: Wer verurteilen will, braucht eine Beweisgrundlage, also u. a. Beschuldigte, die aussagen und sich nicht auf ihre Rechte berufen. Oder sogar (noch schlimmer) Verteidiger mitbringen, die eine fehlerhafte frühere Belehrung rügen und damit eine bereits getätigte Aussage zu eliminieren versuchen.

Belehrungsfragen sind zugegebenermaßen eines unserer Steckenpferde. Das versteht nicht jeder und es führt in der Gerichtsverhandlung manchmal zu erbittertem Streit mit Staatsanwaltschaft und Gericht. Das halten wir aus. Sonst wären wir ja Zuckerwattebäcker geworden.

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